Sich der Führung Jesu anvertrauen

Papst Franziskus setzt neue Akzente im Umgang mit Geschiedenen Wiederverheirateten

Artikel aus miteinander Ostern 2018

 

Suchen Sie die Führung von Jesus Christus in Ihrer ganz konkreten Situation. Mehr als jeder andere kennt Jesus Ihr Herz. Er kennt Ihre Wunden, Ihre Enttäuschungen, Ihre Hoffnungen, Ihre Träume und auch Ihre Schuld. Er liebt Sie! Jesus hat einen Weg, auf dem er Sie ganz persönlich führen möchte. Zu einem glücklichen und erfüllten Leben in Verbundenheit mit IHM. Suchen Sie das Gespräch mit einem Priester. Es geht darum, in Ihrer konkreten Lebenssituation „zu unterscheiden“, d.h. herauszufinden und zu erkennen, was der Weg Jesu für Sie ist. – So lässt sich für mich die Botschaft von Papst Franziskus an die geschieden wiederverheirateten Ehepaare zusammenfassen. Und im Grunde nicht nur an sie, sondern an uns alle.

 

Vor zwei Jahren, im März 2016, hat Papst Franziskus sein Schreiben zu Ehe und Familie „Amoris laetitia“ veröffentlicht. Damit hat er eine große Diskussion über den Kommunionempfang von Gläubigen angestoßen, die in einer zweiten Ehe leben.

Ausführlich schreibt Franziskus im Kapitel 3 über die Schönheit einer unauflöslichen Ehe in Liebe und Treue nach dem Plan Gottes, den Jesus geoffenbart hat. In Kapitel 4 kommentiert er auf tiefgehende Weise das Hohelied der Liebe aus dem ersten Brief an die Korinther (Kapitel 4). Es lohnt sich diesen großartigen Text zu lesen.

Das achte Kapitel von ‚Amoris laetitia‘ schließlich ist überschrieben mit „Die Zerbrechlichkeit begleiten, unterscheiden und eingliedern“.  Dem Papst geht es darum, dass die Kirche sich die Haltung Jesu zu Eigen macht „der allen entgegengeht und keinen ausschließt.“ (Nr. 308). „Unterscheidung“ ist das Stichwort, das ihm besonders am Herzen liegt. Nicht unterschiedslos sagen „JA“ oder „NEIN“, sondern dem Einzelnen helfen, den konkreten Willen Jesu für seine eigene Lebenssituation zu finden. Dabei gilt es zwischen „objektiver Situation der Sünde“ und „subjektiver Schuldhaftigkeit“ zu unterscheiden. Auch in Situationen, die dem Evangelium widersprechen, kann es möglich sein „im Leben der Gnade und der Liebe zu wachsen, wenn man dazu die Hilfe der Kirche bekommt“. „In gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein“ schreibt der Papst in Anmerkung 351 und erinnert daran, dass der Beichtstuhl „ein Ort der Barmherzigkeit des Herrn ist“ und die Eucharistie „ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen“.

 

Diese Anmerkung 351 ist es, die die Diskussion entzündet hat. Die einen sagen: Jetzt ist klar. Geschieden Wiederverheirate können die Kommunion empfangen. Die anderen sagen nein und sie werfen dem Papst vor, die Unauflöslichkeit der Ehe, die Jesus gelehrt hat, aufzugeben. Papst Franziskus wählt einen anderen – anspruchsvolleren – Weg. Ihm geht es um Unterscheidung, „um einen Prozess der Entscheidungsfindung“, im Blick auf die eigene ganz konkrete Lebenssituation und auf die Lehre Jesu und der Kirche.

 

Ein halbes Jahr nach dem Erscheinen von ‚Amoris laetitia‘, am 5. Sept. 2016, haben das die Bischöfe der Kirchenprovinz von Buenos Aires – eben da, woher Papst Franziskus kommt – in einem  Brief formuliert, der zeigt, wie ein solcher Weg der Unterscheidung und Begleitung ausschauen kann. Sie schreiben: „Wir sollen nicht von einer „Erlaubnis“ sprechen, die Sakramente zu empfangen. Es geht vielmehr um einen Prozess der Entscheidungsfindung, der von einem Priester begleitet wird.“(Nr. 1)  Am selben Tag noch hat Papst Franziskus darauf geantwortet. „Der Text ist sehr gut und erklärt genau die Bedeutung des achten Kapitels von ‚Amoris laetitia'“, schreibt er. Und: „Es gibt keine anderen Interpretationen.“

 

Beide Schreiben wurden im Amtsblatt des Vatikan veröffentlicht und sind so verbindlicher Teil der katholischen Lehre.  Sie betonen, dass es immer und zuallererst um die persönliche Beziehung  zu Jesus Christus geht (Nr. 2).

Schon in seinem ersten Schreiben „Evangelii gaudium“ hat Papst Franziskus diese Beziehung in den Mittelpunkt gestellt: „Ich lade jeden Christen ein, gleich an welchem Ort und in welcher Lage er sich befindet, noch heute seine persönliche Begegnung mit Jesus Christus zu erneuern oder zumindest den Entschluss zu fassen, sich von Ihm finden zu lassen, Ihn jeden Tag ohne Unterlass zu suchen. Es gibt keinen Grund, weshalb jemand meinen könnte, diese Einladung gelte nicht ihm, denn »niemand ist von der Freude ausgeschlossen, die der Herr uns bringt«“.

 

Jesus kennt dich. Es geht darum, Ihn zu suchen. Ihm zu folgen. Und Er wird dich lehren, seinen Willen zu erkennen und zu tun. Das ist die Botschaft für die Geschieden Wiederverheirateten und – so meine ich – für uns alle. Es ist die Liebe Jesu, die jeden Menschen an sich ziehen will.

 

Links

 

Amoris laetitia:

https://w2.vatican.va/content/francesco/de/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20160319_amoris-laetitia.html

 

Schreiben der Bischöfe von Buenos Aires und Antwort

http://w2.vatican.va/content/francesco/es/letters/2016/documents/papa-francesco_20160905_regione-pastorale-buenos-aires.html

deutsch:

https://explizit.net/artikel/argentinische-bischoefe-zur-seelsorge-bei-wiederverheirateten/

 

Weitere Links:

http://de.radiovaticana.va/news/2016/09/13/papst_w%C3%BCnscht_sensiblen_umgang_mit_wiederverheirateten/1257714

http://de.radiovaticana.va/news/2017/12/06/vatikan_%E2%80%9Eamoris_laetitia_ist_%E2%80%9Eauthentisches_lehramt%E2%80%9C/1353179