Fünf archetypische Gesprächspartner hat uns Pater Bernhard Grom in seiner gereimten Faschingspredigt am Faschingssonntag 2020 vor Augen geführt.
Das Lesen lohnt besonders in der Fastenzeit, wenn wir uns mal wieder an der eigenen Nase nehmen wollen…

Ich bin, wie jeder Mensch, geboren
mit einem Mund bloß und zwei Ohren.
Ein Wink ist es von der Natur,
zu pflegen die Gesprächskultur:
Ich soll mehr horchen halt als sprechen,
soll andre niemals unterbrechen,
sie nicht durch Dauerreden stören,
soll achtsam und aufmerksam hören.

Ob nun am Stammtisch, im Verein,
in Ausschusssitzung, ob daheim
bei Fest und Feier mit Verwandten
beim Telefonplausch mit Bekannten –
versuche ich, zuerst zu lauschen,
um dann Gedanken auszutauschen.
So lern ich Menschen besser kennen,
kann euch verschied’ne Typen nennen.
Die Partner, denen ich begegnet’,
mit reichen Gaben sind gesegnet.

Typ 1: Der Redselige
Er redet viel, er redet lang,
er hört nicht zu; sein Sprechgesang
beschleunigt sich, wenn ihm entgleitet
der rote Faden, der ihn leitet.
Als wär’ es Fußball – ’s ist kein Witz –
hält fest er ’s Wort wie Ballbesitz.
Auch Atempausen bieten nicht
die Chance, auf die man erpicht,
um ihn geschickt zu unterbrechen
und selbst ein Wörtchen mal zu sprechen.
Es scheitert jeglicher Versuch,
der Kerl – der redet wie ein Buch.
In der Verzweiflung ruf’ ich dann:
„Zusammenfassung! lieber Mann.“

Zu jedem Thema weiß er Rat,
obwohl er nichts zu sagen hat.
Die Sitzung zieht sich in die Länge,
nichts geht voran, kommt in die Gänge.
In meinem Zorn denk ich daran,
was sagte einst ein weiser Mann (Montaigne):
„Ich beneide die Dummen um ihre Kühnheit:
Sie reden den ganzen Tag.“
Nur, was sie kennen, hören sie gern:
den Klang ihrer Stimme, mal leis’, mal mit Lärm.
Doch möcht’ ich positiv auch denken
und meinen Geist auf Gutes lenken:
Der Typ wird mich zwar nie erheitern,
doch kann er meinen Wortschatz weitern.

Typ 2: Typ 2: Der Schweigsame
Die Sitzung dauert schon ’ne Stunde,
noch kam kein Wort aus seinem Munde.
Dies Schweigen ist nicht still – nein laut.
Hat Groll sich in ihm aufgestaut?
Ist er gehemmt, wird rot beim Reden?
Surft unterm Tisch er wie die Blöden,
die nur ihr Smartphone interessiert
und kein lebend’ger Mensch berührt?
Meint er, wir sei’n für ihn zu dumm,
drum: Reden nutzlos – lieber stumm?
Denkt er, aus Stille wächst die Kraft?
Dann müsst’ er längst sein hünenhaft.

So stell’ ich Fragen mir zuhauf,
ich möcht’ ihn schütteln, rütteln auf.
Im Schweigen ihn kurz unterbrechen,
mit einer Nadel wach ihn stechen:
„Sei nicht so mundfaul, sag was, sprich,
wir ziehn’s dir aus der Nase nicht.
Wenn alle reden – einer schweigt,
dann schadet’s der Gemütlichkeit.
Auch könnt’ die Nächstenliebe leiden,
wenn ich in Zukunft dich werd’ meiden.
Den, der ein Rätsel ist geblieben,
kann schwerlich man so richtig lieben.“

Typ 3: Der Angeber
Er hat bestimmt am Hause schon
sich bauen lassen ’nen Balkon,
damit, wenn möglich irgendwann,
zu vielem Volk er sprechen kann.
Er übt’s bereits in jeder Runde,
gibt gern von seinen Taten Kunde.
Er weiß so gut um sein Bedeuten,
dass er’s erzählen muss den Leuten.

Bei jedem Stichwort, jedem Satz
will bersten sein Erfahrungsschatz: (Er sagt)
„Das hab’ ich – hört nur – so gemacht,
Erfolg hat mir dann zugelacht.
Hab’ mich gesteigert immerfort,
war bald die Nummer eins am Ort.
Ich lieb’ Know how in modern time,
wenn Sie verstehen, was ich mein’.“

Ihm zuzuschauen ist ein Graus,
er fährt gern beide Arme aus.
Wie man dem Wort verleiht Gewicht,
lernt er im Schauspielunterricht.
Einen PR-Mann will er dingen,
der soll ihn bald ins Fernseh’n bringen.
Er wird wohl insgeheim schon meinen,
die Sonne kann dank ihm nur scheinen.

Wie er erzählt, hat er erfunden
ein DU-Gebet für fromme Stunden: (Das geht so)
„Ich stehe / manchmal / neben / mir / und sage/ freundlich / DU zu mir /
und sag / DU bist / ein Exemplar / wie keines / jemals / vor dir war /
DU bist / der Stern / der Sterne / Das hör ich nämlich gerne.“
(Jürgen Spohn)

Typ 4: Der Alleswisser
Es schnellt ein Zeigefinger vor,
jetzt wird es ernst, ich bin ganz Ohr.
Das Wort hat Dr. Oberschlau,
er kennt die Dinge ganz genau.
Nur klingt es meistens, wenn er spricht,
nach Vortrag und nach Unterricht.
Sein Lieblingssatz: „Sie müssen wissen,
ein Fachmann könnt’ hier was vermissen.“
Sodann belehrt er im Detail,
was Hintergrund und Sache sei.
Da bleibt nichts ohne Kommentar,
dass er mal sagt „weiß nicht“, ist rar.

Wie entfernt man Rotweinflecken?
Wozu sind Magnetfelddecken?
Heizen Smarphones ’s Klima auf?
Lohnt sich derzeit Aktienkauf?
War Napoleon Franzose?
Was ist eigentlich Stenose?
Hilft denn Wodka gegen Fieber?
Sangen Eiszeitmenschen Lieder?
Was verhindert Herzinfarkt?
Kauft man gut im Supermarkt?
Wie viel Federn hat ein Pfau?
Warum ist der Himmel blau?

Alles scheint der Typ zu wissen,
und er fühlt sich wie zerrissen,
wenn er uns nicht anvertraut,
was im Hirn sich angestaut.
Ständig muss er instruieren,
jeden Halbsatz korrigieren,
pausenlos uns informieren.

Was tun?
Ihn fragen, gradraus ungedrechselt,
ob er vielleicht uns hat verwechselt
mit Leuten, die das interessiert?
Wenn er’s dann auch noch nicht kapiert
und wir beginnen schon zu sieden,
mit diesem Satz das „Tschüss“ anbieten:
„Danke für Ihren Beitrag, wie immer wissen wir ihn zu schätzen“?

Typ 5: Der Philharmoniker
Der Redselige redet,
der Schweigsame schweigt,
der Angeber gibt an,
der Alleswisser belehrt:
Typ 5 bekümmert all das nie,
er ist ein Mensch voll Harmonie.

Kein Unsinn bringt ihn aus der Ruh’,
versöhnen will er immerzu.
Sagt einer, vier und vier ist zehn,
meint er: „Ganz recht, doch sollt’ man seh’n,
dass da manchmal zwei übrig bleiben,
man kann sich auch mit acht bescheiden.“

Er ist ein – könnt’ bei Streit man meinen –
Vermittlungsausschuss auf zwei Beinen.
Zieht mal herauf bedrohlich’ Wetter,
so gibt er den Gesprächeretter.
Er schafft wie ein Musikgenie
aus Dissonanzen Harmonie.

So hält er es mit Wolfgang Goethe:
„Da wächst der Wein, wo’s Fass ist,
es regnet gern, wo’s nass ist,
zu Tauben fliegt die Taube,
zur Mutter passt die Schraube,
der Stöpsel sucht die Flaschen,
die Zehrung Reisetaschen,
weil alles, was sich rühret,
am Schluss doch harmonieret.“

Ob Stammtisch oder Stadtratssitzung,
Finanzausschuss mit Kostensichtung –
zum Schluss würd’ er sie gerne krönen
mit einem Schwur in höchsten Tönen:
„Brüder reicht die Hand zum Bunde!
Diese schöne Freundschaftsstunde
führ uns hin zu lichten Höh’n!
Lasst, was irdisch ist, entfliehen;
unserer Freundschaft Harmonien
dauern ewig fest und schön.“

Kommen wir zum Schluss:
Es reicht – genug der Typen Zahl,
ihr kennt sie nun, ihr habt die Wahl,
mit wem am liebsten ihr verkehrt
und wen ihr weniger verehrt.
Doch wenn auch einmal kocht die Galle,
ein bisschen lieben sollt ihr alle.

P. Bernhard Grom