Fünf typische automobile Zeitgenossen hat uns Pater Bernhard Grom in seiner gereimten Faschingspredigt am Faschingssonntag 2022 vorgestellt. Auch wenn kurz nach Fasching vielen nicht zum Lachen ist, wollen wir keine Lücke in unserer Sammlung einreißen lassen und hoffen, uns bald wieder beim Lesen prächtig zu amüsieren. Mit Sicherheit lohnt es sich immer, wenn wir uns mal wieder an der eigenen Nase nehmen wollen…

Ein Auto kann nicht nur befördern
von A und nach B und zurück.
Es zeigt mir auch, wenn ich es fahre,
Da sitz‘ ich in meinen vier Wänden
so bringt, was geheim in mir schlummert,
mein Fahrstil alsbald an den Tag.
Ein Auto dient – so stell‘ ich fest –
vortrefflich als Charaktertest.

Ihr seht ganz verschiedene Menschen,
ob Frau oder Mann, ganz egal,
ich schild’re, wie einige Typen,
so steuern und treten ’s Pedal.

Typ 1: Die oder der Cholerische

„Als die Geduld verteilt wurde, stand er hupend im Stau.“
Drum muss er sich ständig erregen,
mit hochrotem Kopf und Geschrei
mit wilden Gesten und Blicken,
der Zorn reißt ihn beinah‘ entzwei.
„Wer langsamer fährt, ist ein Dummkopf,
wer schneller fährt, ein Idiot.“
Drum fährt er dicht auf und wird hupen,
überholen trotz strengem Verbot.
Fußgänger, die drücken die Ampel,
am Zebra ihn hemmen im Lauf,
versetzen ihn sofort in Rage,
er könnt‘ sie erwürgen zuhauf.
Beim Parken – kommt einer zu nahe,
belehrt er den Sünder lautstark
mit Worten, die in diese Kirche
nicht passen, weil sie viel zu arg.
Sein Stinkefinger sitzt locker,
er schnellt bei ihm öfter empor,
denn recht zu haben, ist Leben,
wer’s anders sieht, ist halt ein Tor.

Das ist gefährlich, denn:
„Ein Choleriker ist ein Mensch, der umso roher wird, je mehr er kocht“ (Georg Thomalla).
Ein Aufkleber könnt‘ ihn entspannen,
ein „Lach mal!“ die Krämpfe verbannen.

Typ 2: Die oder der Lockere

„Gut Ding will Weile haben.“
Die Frohnatur macht sich’s gemütlich,
mit 60, wo 100 erlaubt.
Ist langsam zwar, aber vor andern,
ganz gleich, wie sich’s hinter ihr staut.
Auf Landstraßen lockt die Natur sie:
„Verweile, du bist doch so schön.“
Was soll da das Drängeln und Hetzen
und all dieses Hupengedröhn?
Hupt nur, ich weiß gut mir zu helfen.
Ich stell mir mein Radio laut,
die Lieblingsband spielt dann mit Feuer,
das macht mir gleich Gänsehaut.
Warum nicht auch telefonieren,
sich schminken und umkleiden schnell?
Man kann ja noch nebenbei steuern,
die Fahrspur wird dann originell.
Beim Abbiegen lang vorher blinken,
drei Kreuzungen dürfen’s schon sein
und bremsen so früh, wie nur möglich,
das ist überhaupt nicht gemein:
„Gott schuf die Zeit, von Eile hat er nichts gesagt.“
Grad darum rat‘ ich: Sei nicht dumm,
und steig auf Pferdekutsche um!

Typ 3: Die Wettkämpfer

Sie drängen in jegliche Lücke,
sie sei noch so schmal und so knapp.
Wozu lange zögern und blinken,
es hält sie der Kampfgeist in Trab.
Die Hände umklammern das Lenkrad,
nervös werden Lippen geleckt.
Die Augen fixieren den Vormann,
der Jagdinstinkt ist schon geweckt.
Mehr Tempo! Ich muss überholen.
Der Gegner wird niedergestreckt.
Die Wettkämpfer müssen halt besser
und schneller als andere sein,
drum stufen sie andere Lenker
als Gegner im Wettbewerb ein.
Die Radfahrer, Fußgänger lehren
sie, wie man noch schneller ausweicht.
Dass Fluchtinstinkt und Reagieren
ein höher‘ Niveau mal erreicht.

An Ampeln als Erste losdüsen
mit heulendem Motor – welch‘ Lust!
„Beim Beschleunigen müssen die Tränen der Ergriffenheit waagrecht zum Ohr hin abfließen“ (Walter Röhrl).
Und nur nicht bei Ampel-Gelb bremsen –
das wär‘ doch nichts weiter als Frust.
Bei Rot gilt:
“Wer später bremst, fährt länger schnell.“

Beginnt illegal man ein Rennen,
verlieren die Wettkämpfer schnell
die Unschuld und werden durch Rasen
Gefährder und auch kriminell.
„Soldaten tragen ihre Waffen – Raser fahren sie.“
Man möcht‘ wie in Kriegszeiten beten:
„Gott schütze uns vor Sturm und Wind
und Autos, die zu schnelle sind.“

Typ 4: Die Angeber

Wer angibt, hat viel mehr vom Auto,
wird meistens auch hoch kreativ,
verwandelt sein Fahrzeug mit Liebe,
damit es erstrahlt exklusiv.
Die Reifen mit schneeweißen Streifen,
die Felgen forsch hellgelb bemalt,
Kanarienvögeln sie gleichen,
erfreuen den, der damit prahlt.
Mit knalligen Mustern verzieren
lässt schick sich die Karosserie.
Den Auspuff kann leicht man aufmotzen
zu einer Art Artillerie.

Das richtige Dröhnen ist wichtig,
dass Leute die Köpfe verdreh’n
und wie bei der Siegesparade
verlangen, den Helden zu seh’n.
Im Innern die starken Bassboxen –
sie putschen den Angeber auf.
Er fährt wie in Trance die Straßen,
die Show steigt und nimmt ihren Lauf.
Es sei denn, die Wirklichkeit weckt ihn,
etwa in Gestalt eines Baums:
„Fährt man rückwärts an ’nen Baum,
verkleinert sich der Kofferraum.“

Die linke Hand lässig am Fenster,
so träumt er von einem Palast,
der groß mit vergoldeten Mauern
sein Ego samt Hofstaat umfasst.
„Ein Angeber am Steuer eines Wagens ist ein Pfau, der sein Rad in der Hand hält.“ (Frei nach Anna Magnani)

Verfährt er sich in eine Einbahn
und alle Welt fuchtelt erregt,
genießt er es fröhlich als Beifall,
die Huldigung tief ihn bewegt.

Es hat tiefen Sinn und Bedeutung
so ein Imponierermobil,
verkündet dem Fahrer die Botschaft:
„Du bist wer – ein Mensch mit Profil!“
„Ja, du bist Lamborghini – im Auto bist du Kini.“

Typ 5: Die Weisen

Wer ist das?
Mit sich und der Welt voll im Reinen,
so tuckern sie fröhlich dahin.
Sie achten die Schilder am Rande
und schonen ihr Adrenalin.
Wenn’s eng wird, sie Reißverschluss fahren.
Sie winken mit höflicher Hand,
geh’n alte Leut‘ auf der Straße,
langsam, von Arthrose gebannt.
Sie strafen der anderen Fehler
nicht hupend und fluchend im Zorn,
denn leben und leben lassen
bringt uns meist viel besser nach vorn.

So fahren die Weisen. Sie wissen,
ein Auto kommt schneller voran,
als unser menschliches Denken
ihm folgen und steuern kann.
Mit Weisheit sind gut sie gefahren;
ja, wenn man nur tanken sie könnt,
an jedweder Disko und Kneipe,
sie sei einem jeden vergönnt.
Man kann sie recht preiswert erzeugen:
‚Ne Portion Herz und Verstand
dazu noch Humor und ein Lächeln,
müsst‘ haben ein jeder zur Hand.
Der Rückspiegel klein – die Frontscheibe groß:
Die Weisen, sie wissen, warum:
Der Blick nach vorn ist entscheidend,
zurückschau’n und hadern macht dumm.

Die Weisen, sie denken und fragen:
Was soll denn die Angeberei?
Wir fahr’n zwar verschiedene Marken,
am Ende ist’s doch einerlei.
Das letzte Modell für uns alle
ist schlicht und für jedweden gleich:
ein Sarg auf vier Rädern geschoben
mit Hoffnung aufs himmlische Reich.